In einer Entscheidung vom 02. Oktober 2008 hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim die Pflichten eines Heilpraktikers näher präzisiert. Danach muss ein Heilpraktiker seine Patienten mitunter zum Besuch eines „Schulmediziners“ anhalten. Verletzt er diese Pflicht, kann dies die Aufsichtsbehörden berechtigen, ihm die weitere Ausübung seiner Tätigkeit wegen fehlender Zuverlässigkeit zu untersagen.
Im konkreten Fall hatte ein Heilpraktiker eine Patientin behandelt, die ein 24 cm großes und blutendes Karzinom aufwies. Gleichwohl unterließ es der Heilpraktiker die Frau auf die Notwendigkeit einer Abklärung durch einen Arzt hinzuweisen und behandelte sie selbst weiter. Ferner stellte er offensichtliche Fehldiagnosen über die Art und die Ursache der Erkrankung. So bestritt er auf entsprechende Nachfragen insbesondere die Möglichkeit einer Krebserkrankung.
Das Gericht weist in dem Beschluss zunächst daraufhin, dass derjenige, der einen Heilpraktiker aufsucht, grundsätzlich eine andere Art der Behandlung wünscht, als er sie von einem in der Schulmedizin ausgebildeten Arzt erwarten würde. Trotzdem darf der Heilpraktiker deswegen nicht die Augen vor dem Erfordernis einer ärztlichen Behandlung verschließen. Der Heilpraktiker steht nach Ansicht der Richter einem Arzt nicht gleich, auch wenn er durch seine behördliche Erlaubnis eine besondere Heilkundekenntnis nachweisen kann.
Von einem Heilpraktiker kann deshalb erwartet werden, dass er sich der Gefahr bewusst ist, die dadurch entstehen kann, dass ein Patient eine gebotene ärztliche Behandlung nicht beziehungsweise nicht rechtzeitig in Anspruch nimmt.
Die Richter bestätigten deshalb den behördlichen Erlaubniswiderruf. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass der Heilpraktiker unverantwortlich gehandelt habe. Das Verkennen des großen Karzinoms weise auf einen offensichtlichen Mangel an einfachstem anatomisch-pathologischen Grundlagenwissen hin. Der Heilpraktiker hätte stattdessen die weitere Behandlung verweigern müssen, solange die Patientin nicht eine ärztliche Abklärung der sich aufdrängenden Diagnose einer bösartigen Veränderung vorgenommen habe. Hierzu hätte er sie gegebenenfalls auch drängen müssen. Dass er sich nicht gegen eine ärztliche Konsultation ausgesprochen hat, genügte hierfür nicht. Denn damit habe er seiner Patientin suggeriert, er könne die Erkrankung alleine adäquat behandeln.
Die Entscheidung kann im Volltext unter www.vghmannheim.de abgerufen werden.
Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer www.atsrecht.de
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