Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat in einer Entscheidung vom 15.01.2009 (Az. L 1 KR 51/05) die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundessozialgerichts (BSG) bestätigt, wonach Schwerkranke auch mit nicht-zugelassenen Arzneimitteln behandelt werden können.
Das BVerfG begründet seine Rechtsprechung damit, dass es mit dem Schutz der Menschenwürde nicht vereinbar ist, wenn schwer oder sogar lebensbedrohlich Erkrankten Arzneimittel vorenthalten werden, nur weil diese nicht offiziell zugelassen sind. Nach dem BSG liegt dann eine „notstandsähnliche Situation vor. Voraussetzung ist allerdings, dass es keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten gibt und die Versorgung mit dem nicht zugelassenen Medikament die berechtigte Hoffnung zulässt, den Krankheitsverlauf damit zumindest mildern zu können.
Die Besonderheit im vom LSG entschiedenen Fall war, dass das Gericht diese Rechtsprechung auch auf Fälle übertragen hat, in denen das nicht zugelassene Medikament nicht die Krankheit selbst bekämpft, sondern gegen die schädlichen Nebenwirkungen anderer Medikamente, die zur Behandlung unerlässlich sind,eingesetzt werden kann.
Konkret erhielt ein HIV-Erkrankter Medikamente zur Behandlung der AIDS-Erkrankung. Diese führten als Nebenwirkung zu einer Fettverteilungsstörung, die ihrerseits schwere gesundheitliche Nebenwirkungen verursachte. Diese waren so schwer, dass sie unbedingt sofort behandelt werden mussten. Hierfür stand nur das nicht zugelassene Präparat „Serostim“ zur Verfügung. Als Folge musste die Krankenkasse des klagenden Patienten für die Kosten der Behandlung aufkommen.
Da das LSG den Begriff der „notstandsähnlichen Situation“ mit dieser Entscheidung weiterentwickelt hat und der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, wurde die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) zugelassen.
Alexander T. Schäfer www.atsrecht.de
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
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