Archiv der Kategorie: Medizinrecht

EuGH präzisiert Werbung mit Erfolgsgeschichten von Konsumenten

EuGH, Urteil vom 8. November 2007 (C‑374/05)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nach einer Vorlage durch den Bundesgerichtshof (BGH) die Voraussetzungen der Werbung von Arzneimittelherstellern mit Erfolgsgeschichten ihrer Kunden präzisiert. Im vorliegenden Fall ging es um einen Arzneimittelhersteller, der seinen Produkten eine Broschüre über eine Kundenbefragung beigefügt hatte, in welcher diese unter anderem den Erfolg der Anwendung des Produktes bewertet hatten.

1. Der EuGH hatte (unter anderem) über die Frage zu entscheiden, ob es missbräuchlich oder irreführend ist, wenn der Werbende das Ergebnis einer Umfrage bei fachunkundigen Dritten mit einer pauschal positiven Gesamtbewertung des beworbenen Arzneimittels wiedergibt, ohne die Bewertung bestimmten Anwendungsgebieten zuzuordnen.

Der EuGH hat klar gestellt, dass die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel keine Elemente enthalten darf, die nahe legen, dass die normale gute Gesundheit des Patienten durch die Verwendung des Arzneimittels verbessert werden könnte. Damit soll verhindert werden, dass die Verbraucher dazu ermutigt werden, sich ein Arzneimittel zu verschaffen, dessen Verwendung objektiv nicht erforderlich ist, weil keine konkrete Gesundheitsstörung vorliegt.

Der EuGH hat zudem darauf hingewiesen, dass im streitigen Fall ein derartiger Verstoß naheliegt.

2. Der EuGH hatte weiter darüber zu befinden, ob die Ankündigung einer monatlichen Auslosung auf der Internetseite des Herstellers, bei der die Teilnehmer das betreffende Arzneimittel gewinnen konnten, zulässig ist.

Dies hat er verneint. Es handele sich dabei um eine übertriebene und unvernünftige Werbung, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken könnte.

3. Der Gerichtshof hat diese Entscheidung sodann wie folgt zusammengefasst:

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, in ihren nationalen Rechtsvorschriften ein Verbot vorzusehen, in der Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel Äußerungen Dritter einsetzt, wenn diese zu verstehen geben, dass die Verwendung des Arzneimittels zur Unterstützung des allgemeinen Wohlbefindens beiträgt.

Die Werbung für ein Arzneimittel in Form einer im Internet angekündigten Auslosung ist verboten, weil sie die unzweckmäßige Verwendung dieses Arzneimittels fördert und zu seiner direkten Abgabe an die Öffentlichkeit sowie zur Abgabe von Gratismustern führt.

Die vollständige Entscheidung kann unter http://curia.europa.eu abgerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

HKB Rechtsanwälte, Frankfurt am Main


BGH schränkt Verbot der Werbung in Berufskleidung ein.

Der Bundesgerichtshof hat durch ein neues Urteil vom 01.03.2007 (Az. I ZR 51/04, abzurufen unter www.bundesgerichtshof.de) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben. Er hält das Verbot der Werbung in Berufskleidung aus § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG vor dem Hintergrund der durch Art. 12 GG verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit nur dann für gerechtfertigt, wenn die Vorschrift einschränkend ausgelegt wird. Neben der Werbung in Berufskleidung verlangen die obersten Richter – über den Wortlaut der Norm hinaus – , dass die Werbung zudem geeignet ist, das Laienpublikum unsachlich zu beeinflussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu bewirken. Durch diese einschränkende Auslegung dürfte das Verbot nunmehr viel von seinem „Schrecken“ verloren haben.

Alexander T. Schäfer

Rechtsanwalt

Wirtschaftliche Beteiligungen Dritter an ärztlicher Tätigkeit

Eines der momentan am heftigsten umstrittenen Themen ist die Frage, ob und inwieweit Dritte am wirtschaftlichen Gewinn ärztlicher Tätigkeiten beteiligt werden dürfen; eine Frage, die das Gesetz nur unzureichend regelt. Bestimmungen über die Zusammenarbeit von Ärzten mit Dritten finden sich in verschiedenen Regelungswerken.

Die Muster-Berufsordnung, die Grundlage für die einzelnen Berufsordnungen der Ärztekammern ist, enthält in ihren §§ 23a und 23b die Bestimmung, dass sich Ärzte (auch) in Form einer juristischen Person des Privatrechts tätig sein können. Gesellschafter einer Ärztegesellschaft dürfen aber nur Ärzte sein. In § 23 Abs. 1 c) MBO ist zudem bestimmt, dass Dritte nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt werden dürfen. Diese Bestimmung haben aber nicht alle Ärztekammern übernommen. Nach § 23b MBO dürfen Ärzte sich mit Berufsangehörigen anderer Heilberufe zusammenschließen. Problematisch sind daher vor allem Beteilungen Dritter, die weder Arzt noch sonstiger (zugelassener) Erbringer medizinischer Leistungen sind.

Obwohl § 23a MBO nur die Ärztegesellschaft in Form der juristischen Person, also nicht die Einzelpraxis oder Praxen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, regelt, wird das Beteiligungsverbot mehrheitlich wohl auf die generelle ärztliche Tätigkeit ausgeweitet. Zur Begründung wird zum einen auch § 30 MBO herangezogen, der es Ärzten verbietet, mit anderen Personen als zur medizinischen Tätigkeit zugelassenen zu untersuchen oder zu behandeln. Da sich die Vorschrift aber nur auf die Untersuchung und Behandlung bezieht, kann aus ihr keine Aussage über eine reine (Gewinn-) Beteiligung gezogen werden.

Schwer wiegender erscheinen da die Bedenken die aus dem ärztlichen Leitbild der Freiberuflichkeit hervorgebracht werden. Nach § 1 MBO, § 1 BÄO und § 98 SGB V ist der Arztberuf ein freier und damit kein gewerblicher. Die Beteiligung Dritter, auch die mittelbare, wird als Gefahr für die Freiberuflichkeit angesehen, da der Arzt (mittelbar) dadurch in die Drucksituation geraten könne, seine berufliche Tätigkeit vornehmlich an wirtschaftlichen Interessen (des Dritten) auszuüben bzw. der Dritte Druck auf den Arzt ausüben wird, seine Tätigkeit an den wirtschaftlichen Interessen des Dritten auszurichten.

Im Ergebnis kann man daher sagen, dass die unmittelbare Beteiligung Dritter, also von Nicht-Ärzten, an einer auf Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit gerichteten Gesellschaft mehrheitlich als nicht zulässig angesehen wird. Allerdings wird man dieses strenge Verbot nicht für eine nur mittelbare Beteiligung gelten lassen können. Ausnahmen müssen zum Beispiel für die Fälle mittelbarer Beteiligung im Falle von umsatzbezogenen Praxismietverträgen und Ähnliches erlaubt sein. Für die Bewertung bestimmend bleiben aber der Einzelfall und die Frage, ob die ärztliche Unabhängigkeit trotz der (mittelbaren) Beteiligung gewährleistet ist.

Alexander T. Schäfer

Darf der Arzt vom Patienten Vorschusszahlungen verlangen?

Rechtlich bislang ungeklärt und in der juristischen Literatur heftig umstritten ist die Frage, ob Ärzte von Privatpatienten Vorschüsse (oder sogar die Zahlung des gesamten Honorares im Voraus) auf Behandlungen verlangen dürfen. Eine dies unter gewissen Umständen gestattende Regelung findet sich in den § 14 BPflV und § 8 KHEntgG nur für Krankenhausleistungen. Das OLG München (Urt. v. 11.05.1995 – 1 U 5547/97) hat zumindest das Vorschussverlangen eines Zahnarztes für Fremdlaborkosten als statthaft angesehen.

Seitens der Gegner einer Vorschussnahme werden vor allem die Bestimmungen der GOÄ angeführt. Die Regelungen der GOÄ sein zwingend und abschließend, Vorschüsse sein dort nicht erwähnt, § 2 GOÄ erlaube nur ein Abweichen in der Gebührenhöhe. Im Umkehrschluss sei deshalb das Verlangen eines Vorschusses unstatthaft. Daneben wird mit dem Standesrecht argumentiert. Die Berufsordnungen behandeln diese Frage zwar nicht explizit. Jedoch soll es gegen die Verpflichtung zur „gewissenhaften Berufausübung“ und wider das dem Arzt entgegen gebrachte Vertrauen des Patienten sprechen, wenn die Behandlung von einer Vorschusszahlung abhängig gemacht wird. Außerdem sei ein solches Begehren innerhalb der Ärzteschaft „unüblich“.

Dagegen wird vorgebracht, dass das Fehlen einer Regelung über Vorschüsse gerade kein Verbot bedeute und der Grundsatz der Vertragsfreiheit eine entsprechende (auch mündliche) Vereinbarung zulasse. Aufgrund des Umstandes, dass mittlerweile auch Kassenpatienten durch die so genannte Praxisgebühr eine Zahlung unmittelbar in der Praxis leisten müssen, sei die Entgegennahme von Geld durch den Arzt heute gerade kein unübliches Bild mehr. Ein Verbot einer Vorschussnahme – wie sie in vielen nicht medizinischen Bereichen mittlerweile üblich ist – sei ein Eingriff in die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit, welcher nur ausnahmsweise zulässig sei. Dies rechtfertigende Gründe sein aber nicht ersichtlich.

Einigkeit zwischen beiden Lagern besteht insoweit nur, als dass eine Behandlung im Notfall unter keinen Umständen von der Zahlung eines Vorschusses abhängig gemacht werden darf.

Alexander T. Schäfer