Archiv der Kategorie: Medizinrecht

Feststellung des kollektiven Zulassungsverzichtes ist bindend

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 09.04.2008 (L 3 KA 146/06) das Begehren einer Zahnärztin auf Wiederzulassung zum vertragsärztlichen Versorgung zurückgewiesen.

Bei der klagenden Partei handelte es sich um eine Fachzahnärztin für Kieferorthopädie. Diese hatte 2004 ihre Zulassung zur Versorgung gesetzlich Versicherter als Vertragsärztin (früher: Kassenärztin) zurückgegeben. In der Folge hatte die zuständige Behörde festgestellt, dass der Zulassungsverzicht im Verbund mit vielen anderen Zahnärzten erfolgt war (sogenannter kollektiver Zulassungsverzicht) und dadurch die Sicherstellung der Versorgung der gesetzlich Versicherten durch die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen (KV/KZV) nicht mehr gegeben war mit der Folge, dass der Sicherstellungsauftrag wieder auf die Krankenkassen zurückgefallen war.

Hinter derartigen, gemeinschaftlichen Zulassungsrückgaben steht oftmals die Absicht der (Zahn)Ärzte, die Behandlung nach § 72a SGB V direkt mit den Krankenkassen abrechnen zu können und dabei eine höhere Vergütung zu erzielen als bei einer Vergütung nach Punktmengen durch die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung. Sofern der Zulassungsverzicht jedoch von mehreren (Zahn)Ärzten abgestimmt erfolgt, ist nach § 95b SGB V der Vergütungsanspruch gegenüber den Krankenkassen auf den 1,0fachen Satz nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) begrenzt. Folge eines derartigen Zulassungsverzichts ist zudem, dass eine Wiederzulassung zur vertragsärztlichen Versorgung frühestens nach dem Ablauf von sechs Jahren seit dem Verzicht erfolgen kann.

Die Klage richtete sich nunmehr gegen die behördliche Feststellung, dass der Zulassungsverzicht in einem von mehreren Zahnärzten aufeinander abgestimmten Verfahren erfolgt ist und deshalb eine Gebührenbegrenzung und Wiederzulassungssperre bestehe. Die Klägerin argumentierte, ihr Zulassungsverzicht sei allein Ergebnis eigener, persönlicher Überlegungen. Überdies sein die betreffenden Vorschriften verfassungswidrig, da sie unangemessen in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit aus Art. 12 GG der Klägerin eingriffen.

Das LSG hat diese Bedenken nicht geteilt. Das Gericht sah keine Möglichkeit für die Klägerin, die behördliche Feststellung überprüfen zu lassen. Es hält die Regelungen zudem für verfassungsgemäß, da der ganz überwiegende Teil der Bevölkerung gesetzlich krankenversichert ist. Die Aufrechterhaltung einer funktionierenden und finanzierbaren gesetzlichen Krankenversicherung sei als besonders wichtiges Gemeingut bereits vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anerkannt worden. Dies erfordere es, dass sich die Wirkungen der Gebührenbegrenzung und der Wiederzulassungssperre unmittelbar aus der Feststellung des Übergangs der Sicherstellung auf die Krankenkassen aufgrund kollektiven Zulassungsverzichts ergäben und nicht mehr im den einzelnen Wiederzulassungsverfahren angegriffen werden könnten.

Das Urteil kann im Volltext hier abgerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement

Berufsordnung für medizinische Fachangestellte

Der Verband medizinischer Fachberufe (VMF) hat beschlossen, dass für medizinische, zahnmedizinische und tiermedizinische Fachberufe künftig eine eigene Berufsordnung geltend soll.

Dies ist das Ergebnis des Beschlusses der Bundeshauptversammlung des Verbandes aus April 2008. Die Veröffentlichung ist für den Sommer 2008 vorgesehen. Künftig sollen die Fachangestellten nach Abschluss ihrer Ausbildung – ähnlich den, in den Berufsordnungen der Ärzte enthaltenen Gelöbnisse („hippokratischer Eid“) – ein feierliches Versprechen zur Einhaltung der Grundsätze dieser Berufsordnung ablegen.

Ziel der Berufsordnung soll die Festschreibung von Qualitätsstandards bei der Erbringung der Leistungen der medizinischen Fachangestellten sein. Zum Inhalt gehören Regeln für den Umgang mit Patienten sowie die Verpflichtung zur ständigen Fort- und Weiterbildung.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

BGH bestätigt Rechtsprechung zum „groben Behandlungsfehler“

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer neuen Entscheidung vom 08.01.2008 (VI ZR 118/06) seine bisherige Rechtsprechung zum „groben Behandlungsfehler“ bekräftigt. Danach führt dieser zu einer Umkehr der Beweislast mit der Folge, dass der behandelnde Arzt die Nicht-Ursächlichkeit seines Fehlers für den eingetretenen Schaden beweisen muss.

In dem vorliegenden Fall hatte ein Arzt eine intraartikuläre Injektion im Kniegelenk vorgenommen. Es kam zu einer Entzündung, die eine Nachoperation im Krankenhaus erforderte. Beim Kläger entstanden durch den krankheitsbedingten Arbeitsausfall beträchtliche Einkommensverluste.

Im Prozess stand aufgrund des Sachverständigengutachtens fest, dass der Arzt gegen grundlegende Hygienebestimmungen verstoßen hatte. Unklar blieb jedoch, ob dies zu einer Infektion des Gelenks geführt hatte oder ob die Entzündung die (vom Arzt nicht zu vertretende) Folge einer hyperergisch-allergischen Reaktion gewesen ist.

Der BGH wertete das Verhalten des Arztes als groben Behandlungsfehler und legte es dem Beklagten auf, darzulegen und zu beweisen, dass dieser grobe Behandlungsfehler nicht für den entstandenen Schaden ursächlich gewesen ist. Anders als das Gericht der Vorinstanz sah der BGH auch keinen Grund von dieser Ansicht deshalb abzuweichen, weil die tatsächliche Ursache der Entzündung sich letztlich nicht hatte klären lassen.

Der BGH macht in den Entscheidungsgründen deutlich, dass die Folgen der Beweislastumkehr beim groben Behandlungsfehler immer dann gelten, wenn das fehlerhafte Verhalten generell geeignet ist, den entstandenen Schaden herbeizuführen. Auf die Frage, ob dies tatsächlich der Fall war, kommt es dann nicht mehr an. Die Beweislastverlagerung beim groben Behandlungsfehler trifft den Beklagten somit auch dann, wenn daneben eine andere Ursache denkbar oder sogar wahrscheinlich ist.

Von dieser schwerwiegenden Folge macht der BGH nur eine Ausnahme. Nämlich wenn der grobe Fehler nur äußerst unwahrscheinlich die Ursache des Schadens sein kann. In diesem Fall verbleibt es bei dem Grundsatz, dass der Patient darlegen und beweisen muss, dass dem Arzt ein Kunstfehler unterlaufen ist und dieser auch für den Schaden ursächlich geworden ist.

Das Gericht begründet die Fortführung dieser Rechtsprechung – die in der Praxis trotz unklarem Ursachenverlauf oftmals den Prozess zu Gunsten des Geschädigten entscheidet – mit dem Umstand, dass der Arzt nicht nur fehlerhaft, sondern grob fehlerhaft gehandelt hat. Dies bedeutet, dass ein ärztliches Fehlverhalten vorgelegen hat, dass aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint und einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. Dies rechtfertigt es dann auch, es dem Arzt aufzuerlegen, die fehlende Kausalität des Behandlungsfehlers für den Schaden zu beweisen.

Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Keine Werbegeschenke für Ärzte

Pharmaunternehmen dürfen Ärzten keine Werbegeschenke machen. Dies hat das Landgericht München in einem noch nicht rechtskräftigem Urteil am 12.01.2008 (1 HK O 13279/07) entschieden.

Die Beklagte, ein Pharmaunternehmen, hatte einer bestimmten Ärztegruppe angeboten, einen um 40% preisreduzierten Wasserspender zu erwerben sowie eine kostenlose Beratung zum Praxismanagement offeriert. Diese Werbemaßnahmen standen nicht in Verbindung mit einem bestimmten Produkt und wurden den Ärzten ohne Bezug zu einem bestimmten Anlass, wie etwa einer Praxisgründung, angeboten. Als Kläger trat ein Verband von zusammengeschlossenen Pharmaunternehmen auf, der in seinem Satzungszweck unter anderem die (Selbst-) Kontrolle der Lauterbarkeit der Pharmaindustrie bei der Zusammenarbeit mit Angehörigen medizinischer Berufe aufgenommen hat. Laut Satzungszweck gehört auch das Vorgehen gegen Nicht-Mitglieder aus Wettbewerbsgründen zum Aufgabenbereich des Verbandes.

Das Gericht ist der Argumentation des Klägers gefolgt und hat der Beklagten die angegriffenen Werbemaßnahmen untersagt. Bei Zuwiderhandlung gegen das Urteil droht ein Ordnungsgeld von bis zu 20 Mio. € oder Ordnungshaft für die Verantwortlichen.

Das Gericht sah in dem Angebot eine unangemessene Einflussnahme auf die teilnehmenden Ärzte, welche zu einer Interessenkollision führen könne. Es bestünde damit die abstrakte Gefahr, dass sich die betroffenen Ärzte durch die Geschenke bzw. gewährten Vergünstigungen in ihrer Verordnungspraxis beeinflussen lassen. Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient erfordere es, dass schon die Gefahr des bloßen Verdachts einer Beeinflussung vermieden werde.

Es ist zu erwarten, dass die Beklagte gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen wird, da die hier streitgegenständlichen Fragestellungen grundsätzlicher Art sind und derartige Werbemaßnahmen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für die Pharmaindustrie sind.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Apotheken dürfen Weihnachtsartikel verkaufen

Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte sich jüngst mit dem Verkauf von geringwertigen Weihnachtsartikeln durch eine Apotheke zu beschäftigen. Zu entscheiden war die Frage, ob dieser Verkauf einen Verstoß gegen apothekenrechtliche Bestimmungen sowie das Wettbewerbsrecht darstellte. Das OLG Oldenburg hat dies im Ergebnis verneint und die Klage gegen die Apotheke mit Urteil vom 22.11.2007 (1 U 49/07) abgewiesen.

Die beklagte Apotheke hatte in der Vorweihnachtszeit auch weihnachtliche Dekorationsartikel verkauft. Darin sah die Klägerin, ein Wettbewerbsverband, einen Verstoß gegen die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und verlangte die Unterlassung des gerügten Verhaltens. Konkret ging es dabei um eine Werbebroschüre, in der unter anderem die Dekorationsartikel beworben wurden. Vor dem Landgericht Oldenburg hatte die Klägerin noch obsiegt. Diese Entscheidung wurde nunmehr aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Soweit § 25 ApoBetrO apothekenübliche Waren auflistet, handelt es sich dabei nach Ansicht des OLG nicht um eine abschließende Aufzählung. Dies gelte jedenfalls soweit, als dass daneben andere Waren im Rahmen eines Nebengeschäfts verkauft werden. Dem Apotheker sei es per se nicht verboten, Nebengeschäfts zu tätigen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Gesetzgeber von der in § 21 Abs. 2 Nr. 8 Apothekengesetz (ApoG) vorgesehenen Möglichkeit zur Regelung der Nebengeschäfte, bislang keinen Gebrauch gemacht hat.

Das OLG stellt heraus, dass die beschränkenden Vorschriften der ApoBetrO bezwecken, die Wandlung einer Apotheke zum einem „Drugstore“ und einer Konzentration des Apothekengeschäfts auf andere (einträglichere) Artikel zu verhindern. Solange dies nicht der Fall sei, habe der in Art. 12 Grundgesetz (GG) verbürgte Schutz der Berufsfreiheit Vorrang. Beschränkungen der Verkaufstätigkeiten einer Apotheke sind danach nur soweit zulässig, wie die Hauptaufgabe einer Apotheke, nämlich die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, in einer in Gewicht fallenden Weise beeinträchtigt werden könne. Dies sei den hier erfolgten Nebengeschäften nicht gegeben gewesen, so dass ein Verbot als unverhältnismäßig zu werten wäre.

Des Weiteren war für das Gericht nicht ersichtlich, dass durch den Verkauf der Weihnachtsartikel und die hierauf bezogene Werbung der Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber oder der Kunden mehr als nur unerheblich beeinträchtigt worden wäre. So sei dieses Nebengeschäft gemessen an der Höhe des Umsatzes und des Gewinns für die Beklagte schon völlig bedeutungslos gewesen und nur im Zusammenhang mit dem Vertrieb apothekenüblicher Waren erfolgt. Der Verkauf der Weihnachtsartikel hatte danach allein den – zulässigen – Zweck, den Verkauf apothekenüblicher Produkte zu fördern. Es war nicht erkennbar, dass die beklagte Apotheke dadurch einen relevanten, spezifizierbaren Wettbewerbsvorteil erlangt hatte.

Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Versorgungswerk darf gleichgeschlechtliche Lebenspartner benachteiligen

Gleichgeschlechtliche Lebenspartner eines Arztes oder einer Ärztin dürfen im Rahmen einer Witwen- und Witwerrente gegenüber Ehepartnern benachteiligt werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht am 25.07.2007 (6 C 27/06) entschieden.

Der Kläger hatte mit einem verstorbenen Arzt eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft im Sinne des § 1 Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) begründet. Er begehrte nach dem Tod seines Lebenspartners vom ärztlichen Versorgungswerk die Zahlung einer Hinterbliebenenrente. Eine solche steht nach der Satzung des Versorgungswerkes den Ehepartnern eines verstorbenen Arztes oder Ärztin zu. Gleichgeschlechtliche Lebenspartner werden dagegen nicht als Anspruchsberechtigte aufgeführt. Das Versorgungswerk lehnte deshalb den Antrag des Klägers ab. Der Kläger sah darin eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, die gegen Art. 3 GG verstoße.

Weder das Ausgangsgericht noch das Bundesverwaltungsgericht haben sich der Ansicht des Klägers angeschlossen und deshalb seine Klage abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Ansicht auf den in Art. 6 GG ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestatteten Schutz der Ehe. Obwohl die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft der Ehe mittlerweile in vielen Bereichen angeglichen ist, sei eine völlige Gleichstellung nicht zwingend. Zwar gibt es keinen gesetzlichen Zwang, die Ehe gegenüber den gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften zu bevorzugen. Es wäre damit rechtlich unbedenklich, wenn Ehe und Lebenspartnerschaften durch das Versorgungswerk gleich behandelt werden würden. Umgekehrt gestatte es der Verfassungsrang des Schutzes der Ehe aber, diese gegenüber der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft zu bevorzugen.

Allerdings sieht auch das Bundesverwaltungsgericht zunehmenden Rechtfertigungsdruck für eine derartige Ungleichbehandlung. Denn der Hinterbliebenenversorgung komme eine Unterhaltsersatzfunktion zu. In diesem Bereich sei aber durch das LPartG eine weitgehende Angleichung erfolgt. Das Bundesverwaltungsgericht fordert daher das Versorgungswerk auf künftig in angemessener Zeit zu überprüfen, ob nicht doch eine Gleichbehandlung angebracht wäre.

Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Widerrufsrecht auch bei Medikamentenversand

Das AG Köln hat in einem Urteil vom 31.05.2007 (111 C 22/07) entschieden, dass das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen auch auf den Medikamentenversand Anwendung findet.

Grundsätzlich gilt bei den so genannten Fernabsatzverträgen, dass heißt Verträgen, die zum Beispiel telefonisch oder über das Internet geschlossen werden, dass Widerrufs- und Rückgaberecht des § 312d BGB zu. Der Kläger hatte ein Medikament bei der Apotheke bestellt und erhalten, sodann aber innerhalb der Widerrufsfrist seinen Rücktritt erklärt und das Medikament zurückgesandt. Die beklagte Apotheke hatte die Erstattung des Kaufpreises abgelehnt.

Sie berief sich dabei auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die ein Widerrufsrecht unter Bezugnahme auf § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB ausschloss. Der gesetzliche Bestimmung lässt einen derartigen Ausschluss unter anderem zu, wenn die Ware aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zur Rücksendung geeignet ist. Die Apotheke sah diesen Fall als gegeben, da es ihr aufgrund der gesetzliche Bestimmungen untersagt sei, das zurück erhaltene Medikament erneut an andere Kunden abzugeben.

Das AG Köln hat sich dieser Ansicht nicht angeschlossen und die entsprechende Ausschlussklausel in den AGB für unwirksam erklärt. Nach Ansicht des Gerichts kann es dabei dahingestellt bleiben, ob die Apotheke das Medikament erneut verkaufen darf oder nicht. Denn die Gefahr das Medikament nunmehr aus rechtlichen Gründen nicht mehr verkaufen zu dürfen, fällt allein in den Risikobereich der Verkäuferin und berührt das gesetzliche Rücktrittsrecht deshalb nicht. Auch in tatsächlicher Hinsicht war das Medikament zur Rücksendung geeignet. Denn dadurch trat weder ein Verderb noch eine sonstige Verschlechterung des Medikaments ein.

Das Urteil hat in der Literatur ersten Widerspruch erfahren. So wird vertreten, dass rechtliche Gründe, die der Geeignetheit der Kaufsache zur Rücksendung entgegen stehen – wie im vorliegenden Fall das Verbot es erneuten Verkaufs aus Sicherheitsgründen – ebenfalls von § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB erfasst werden mit der Folge, dass ein Widerrufsausschluss durch AGB bestimmt werden kann. Eine entsprechend weite Auslegung des Gesetzes gebiete der Regelungszweck der Norm. Denn dadurch soll gerade ein Missbrauch oder eine unbillige Härte für den Verkäufer ausgeschlossen werden. Letztere liege hier vor, da das zurückgesandte Medikament nicht mehr verkäuflich sei.

Vor dem Hintergrund dieser gewichtigen Kritik bleibt abzuwarten, ob sich andere Gerichte in ähnlichen Fällen der Ansicht des AG Köln anschließen werden. Gegebenenfalls wird auch hier Rechtssicherheit erst durch eine ober- oder sogar höchstrichterliche Entscheidung zu erreichen sein. Es ist zu vermuten, dass insbesondere Versandapotheken auf eine entsprechende Klärung in ihrem Sinne bei nächster Gelegenheit drängen werden.

Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Chefarzt muss selbst behandeln

Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 20.12.2007 (III ZR 144/07) entschieden, dass bei einer Wahlleistungsvereinbarung mit einem Patienten, in der die Behandlung durch den Chefarzt vereinbart wurde, diesen auch generell zur persönlichen Leistungserbringung zwingt. Bislang war es so, dass derartige Vereinbarungen Regelungen enthielten, wonach sich der Chefarzt auch durch einen benannten Stellvertreter vertreten lassen konnte, ohne dass dadurch sein Honoraranspruch geschmälert wurde.

Der Bundesgerichtshof hat den Gebrauch derartige Klauseln nunmehr dahingehend eingeschränkt, dass eine Vertretung nur bei unplanmäßigen und nicht vorhersehbaren Verhinderungen des Chefarztes greift. Sie gelten somit nicht mehr für Abwesenheit aufgrund Urlaubs etc. Selbstverständlich bleibt es dem Chefarzt unbenommen, mit dem Patienten eine individuelle Vereinbarung auszuhandeln, wonach die vereinbarte Leistung generell durch einen Vertreter erbracht werden kann. Der Bundesgerichtshof setzt aber hohe Hürden für eine solche Vereinbarung. Insbesondere darf der Patient nicht unter (Zeit-) Druck gesetzt und somit zum Abschluss einer solchen Vereinbarung gedrängt werden.

In der Praxis dürfte es schwierig werden, Patienten zu derartigen Abmachungen zu bewegen. Denn der Patient wünscht ja gerade die chefärztliche Behandlung und ist aus diesem Grunde bereit, dass entsprechenden Mehrkosten zu tragen.

Das Urteil kann im Volltext hier angerufen werden.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Kein Schadenersatz bei kurzfristiger Terminabsage

Ärzte können bei kurzfristigen Terminabsagen von den Patienten kein Geld verlangen. Diese Ansicht vertritt jedenfalls das OLG Stuttgart in seinem Urteil vom 17.04.2007 (1 U 154/06).

Für den konkret entschiedenen Fall war Ausschlag gebend, dass der Patient bei der Terminabsage sofort einen neuen Termin vereinbarte. Damit bestand aber eine einvernehmliche Terminsaufhebung, aufgrund derer schon kein Honorar für den abgesagten Termin verlangt werden konnte. Des Weiteren war es dem klagenden Arzt nicht gelungen darzulegen, dass er in der für den Termin vorgesehenen Zeit nicht anderweitig ärztlich tätig werden konnte. Somit war der Kläger nicht in der Lage einen Schaden nachzuweisen, obwohl das Gericht die nur vier Stunden vorher erfolgende Absage durchaus als Pflichtverletzung durch den Patienten wertete.
Die Frage der Gewährung eines „Ausfall-Honorars“ für den Arzt hängt im Wesentlichen von der Anwendbarkeit des § 615 BGB, der den Annahmeverzung in Dienst- und Arbeitsverhältnissen regelt, auf ärztliche Behandlungsverhältnisse ab.

Unabhängig von den Besonderheiten des vom OLG Stuttgart zu entscheidenden Falles, hat dieses hinsichtlich dieser Anwendbarkeit auf grundsätzliche Bedenken hingewiesen. So ist fraglich, ob die Terminsvereinbarung eine kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit ist, wie es § 615 BGB letztlich verlangt. Des Weiteren wird vorgebracht, das Risiko des Verdienstausfall durch Terminabsage liege generell beim Arzt und könne nicht anderweitig beim Patienten geltend gemacht werden. Das OLG Stuttgart weist diesbezüglich nicht ganz zu Unrecht darauf hin, dass auch die Patienten oftmals lange beim Arzt warten müssten, ohne für diese Zeit einen Verdienstausfall geltend machen zu können.

Trotz der jetzigen Entscheidung sind Rechtsprechung und Literatur bei der Frage ob Ärzte beim Fernbleiben des Patienten trotz eines vereinbarten Termin das Honorar oder Schadenersatz verlangen können, aber weiterhin gespalten. Eine abschließende Tendenz ist derzeit (noch) nicht auszumachen. Es wird hier wohl der Entscheidung durch den Bundesgerichtshof bedürfen.

Rechtsanwalt Alexander T. Schäfer

Medizinrecht & Schadensmanagement | Frankfurt am Main

Ärzte dürfen grundsätzlich 2,3fachen Satz nach GOÄ abrechnen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem neuen Urteil vom 08.11.2007 (Az. III ZR 54/07) entschieden, dass Ärzte auch „nur“ durchschnittlich schwierige und durchschnittlich zeitlich aufwändige Leistungen nach dem Regel-Höchstsatz von 2,3 abgerechnet werden dürfen. Der BGH hat damit die bisherige, gängige Praxis bestätigt. In der juristischen Literatur und der Rechtsprechung war überwiegend die Meinung vertreten worden, dass für durchschnittliche Leistungen nur ein Gebührensatz von 1,4 bis 1,8 angemessen sei. Zur Begründung hat der BGH unter anderem darauf abgestellt, dass der Arzt nach dem Willen des Gesetzgebers erst bei einem Wert über 2,3 dies gesondert zu begründen habe und eine Abrechnung durchschnittlich schwieriger und aufwändiger Leistungen zu einem Wert von 2,3 sich damit noch in den Grenzen des dem Arzt eingeräumten Ermessens halte. Der BGH weist aber darauf hin, dass der Arzt gehalten ist, einfach gelagerte Verrichtungen nicht nach dem Regelhöchstsatz abzurechnen.

 

Alexander T. Schäfer

Rechtsanwalt

HKB Rechtsanwälte Frankfurt am Main